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druckmittel wirtschaftliche bedeutung: liechtensteiner treuhänder stellen forderungen. wirtschaft regional vom 23. mai 2009

treuhänder liechtenstein positionspapier

Ein Schuss vor den Bug

Den Liechtensteiner Treuhändern steht das Wasser bis zum Hals. Die Steueraffäre und die Aufweichung des Bankgeheimnisses haben ihre traditionellen Geschäftsmodelle zerstört. Nun setzt die Branche die Regierung massiv unter Druck.

Von Wolfgang Frey

«Positionspapier», steht schlicht zuvorderst auf der Broschüre, auf die sich die Liechtensteiner Treuhänder nach monatelangem internen Kampf geeinigt haben. Darunter: «Nur für den internen Gebrauch». Das hielt man offenbar für nötig, denn das einstimmig verabschiedete «Positionspapier» der Liechtensteinischen Treuhändervereinigung (THV) deckt zwar einerseits einen wenn auch nur fadenscheinigen Mantel über die nach wie vor tiefen Gräben in der ums Überleben kämpfenden Branche. Andererseits birgt es gehörigen politischen Sprengstoff.

«Effekte unterschätzt»
Dieser verteilt sich auf 17 «Forderungen» an die Regierung. In die Waagschale wirft die THV dabei ihre Wirtschaftskraft und die Bedeutung der Treuhandbranche für Steuereinnahmen, Arbeitsplätze und die Prosperität des Landes: Immerhin seien die Treuhänder für rund 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verantwortlich, so das Argument, das auf drei der insgesamt zehn Seiten des Papiers länglich ausgebreitet wird, verknüpft mit der Warnung: Die Effekte der «existenzellen Bedrohung» der gesamten Treuhandbranche durch die Aufweichung des Bankgeheimnisses «für die gesamtwirtschaftliche und politische Situation des Landes» würden bislang «weitgehend unterbewertet».

Um diese «Effekte» abzufedern, verlangt die THV nicht weniger als Stimme und Sitz in «allen wesentlichen nationalen und internationalen fachbezogenen Institutionen, Arbeitskreisen und Delegationen», eine Mitsprache beim Abschluss von Abkommen zum Informationsaustausch in Steuerfragen mit anderen Staaten, Amnestien und Rechtssicherheit für Treuhänder und ihre Kundschaft, eine «Neustrukturierung» der Finanzmarktaufsicht und verständnisvolle Richter in der Liechtensteiner Justiz – scharfe Schüsse vor den Bug der neuen Regierung, die den Finanzplatz Liechtenstein erklärtermassen von nicht deklarierten Geldern säubern will und ein Umdenken einfordert.

THV-Präsident Marxer dankt ab
In Regierungskreisen heisst es wenig überraschend nüchtern, das «Positionspapier» zeige, dass der tiefe Graben der Branche keineswegs überwunden sei. Einerseits erkenne man die Veränderungen auf dem Finanzplatz an, andererseits versuche man offenbar, das traditionelle Geschäft zu bewahren: «Das geht nicht auf.»

Wer die Positionen der Treuhändervereinigung in Zukunft nach aussen vertritt, ist offen. Sicher ist nur, dass der langjährige THV-Präsident Peter Marxer junior für eine neue Amtszeit nicht mehr zur Verfügung steht.

Gerüchte, die bereits seit Monaten im Raum stehen, Marxer werfe das Handtuch wegen der anhaltenden internen Streitereien, dementieren sowohl die THV als auch er selbst.«Das hat nichts damit zu tun, dass schwierige Zeiten angebrochen sind», sagte Marxer zu «Wirtschaft regional». Er habe «einfach das Gefühl», dass es nach neun Jahren im THV-Vorstand und nach sechs Jahren als Präsident an der Zeit sei, «das Feld anderen zu überlassen».Es habe in der THV auch «nie Gräben» gegeben, eher «unterschiedliche Auffassungen».

Mit diesen und der Reaktion der Regierung auf den Forderungskatalog «Positionspapier» muss sich nun ein neuer THV-Präsident auseinandersetzen. Seine Wahl ist auf den kommenden Mittwoch terminiert.

 

Eine Branche in Agonie

Das Liechtensteiner Treuhandgewerbe steckt in seiner tiefsten Krise. Über Strategien und Auswege ist man ebenfalls tief zerstritten. Einigen konnten sich die Treuhänder lediglich auf kaum durchsetzbare Maximalforderungen.

Von Wolfgang Frey

Die Risse gehen tief. Unter Bauern würde in so einem Fall vielleicht laut auf der Strasse gestritten und man würde Mistgabeln kreuzen. Die Treuhandbranche ist anders. Dort wird hinter dem Rücken gestritten und unter nicht mehr als vier Augen. Man ist schliesslich diskret.

Kraftausdrücke und Schüsse
An Kraftausdrücken mangelt es dennoch nicht. «Der hat doch einen Kopfschuss!» ist einer dieser Sätze, die eine erst wenige Tage alte Diskussion befeuern. In ihr geht es um Fritz Kaiser, Herr über eine gewichtige Finanzgruppe samt Privatbank am Finanzplatz Vaduz mit 28 Milliarden Franken betreuten Kundenvermögens. Seit er am Dienstag in Zürich sinngemäss verkündete, die Kaiser Ritter Partner Gruppe unterstütze die Regierung in ihrem Kurs, das Bankgeheimnis zu lockern, damit die angekratzte Reputation des Landes wiederherzustellen und auf zukunftsträchtige Geschäftsmodelle zu setzen, leert die andere Fraktion der Treuhandbranche förmlich die Gülle über ihn.

«Leichenfledderer» und Verräter
Fritz Kaisers neues Geschäftsmodell, steuerhinterziehenden US-Kunden per Selbstanzeige zur Steuerehrlichkeit zu verhelfen und dafür auch noch ein Honorar zu kassieren, machte ihn, der in der Branche ohnehin nicht allseits gut gelitten ist, vollends zu einer Art Vaterlandsverräter, Nestbeschmutzer oder wie es einer seiner Kritiker formulierte, zum «Leichenfledderer». Ein intimer Kenner der Szene brachte es in dieser Woche so auf den Punkt: «Die Treuhänder kochen.»

Der federführende Branchenverband, die Liechtensteinische Treuhändervereinigung (THV), hat es in drei ausserordentlichen Generalversammlungen – den ersten in ihrer Geschichte – in den vergangenen Monaten nicht fertiggebracht, die Gräben zuzuschütten, zwischen denen, die sich dem Wandel des Finanzplatzes stellen und jenen, die ihrer Kundschaft auf ihren Internetseiten trotz anderslautenden politischen Entscheiden suggerieren: «Das Bankgeheimnis wird nicht abgeschwächt!»

So mag es auf den ersten Blick verwundern, dass die THV am 26. März bei 240 Ja-Stimmen und nur einer Enthaltung einhellig ein «Positionspapier» verabschiedete. Doch bei näherem Hinsehen verwundert die Einigkeit nicht. Das auf den Tag genau 14 Tage nach der Ankündigung der Regierung, das Bankgeheimnis für Auslandskunden künftig auch in Verdachtsfällen von Steuerhinterziehung zu lüften, ist weniger ein Bekenntnis zur veränderten Situation. Es ist eher ein Forderungkatalog an die Regierung, aus dem das Verlangen spricht, diese möge sich in Zukunft zuerst mit den Treuhändern besprechen, bevor sie ein Bekenntnis wie das zu internationalen Standards zum Informationsaustausch in Steuerfragen ab und damit ein Stück Bankgeheimnis aufgibt.

Und nicht nur besprechen: Die Treuhänder, das geht aus dem «Positionspapier» unmissverständlich hervor, wollen mitreden (siehe "Aus dem Wunschzettel der Treuhändervereinigung"). Sich auf diese Maximalforderungen zu einigen, dürfte ungeachtet des internen Streits leicht konsensfähig gewesen sein.

Zurückhaltung in der Regierung
In Regierungskreisen gibt man sich mit Blick auf das «Positionspapier» zurückhaltend. Gespräche ja, einen Platz am Verhandlungstisch nein, heisst es unmissverständlich. Eine Einmischung der THV in die Besetzung von Posten bei der Finanzmarktaufsicht und auch der Wunsch nach branchenfreundlichen Urteilen der Liechtensteiner Gerichte komme «nicht in Frage».

Konsens besteht unter den Treuhändern unterdessen darüber, dass ihr Image dringend aufgebessert werden muss. Die Geschäftsstelle der THV soll personell aufgestockt werden. Im Inland ist eine Imagekampagne geplant, die das lädierte Bild des Treuhänders aufpolieren und die Branche «entmystifizieren» soll.

Mediale Offensive geplant
Auch eine «internationale Medienarbeit» unter Hinzuziehung von Experten ist geplant. Die Diskussion über einen entsprechenden Etat steht bei der ordentlichen Generalversammlung in der nächsten Woche auf der Tagesordnung. Kommuniziert werden die Ergebnisse dieser Sitzung, soviel ist absehbar, als Demonstration der Geschlossenheit in Zeiten der Agonie. Heisst es doch im einhellig verabschiedeten «Positionspapier»: «Die THV spricht mit einer Stimme.»

 

Aus dem Wunschzettel der Treuhändervereinigung

Die Liechtensteinische Treuhändervereinigung hat am 26. März ohne Gegenstimmen ein «Positionspapier» verabschiedet. «Wirtschaft regional» dokumentiert im Folgenden Auszüge aus dem vertraulichen Dokument.

• «Die Situation der Treuhänder hat sich grundlegend geändert. Hintergrund sind die einschneidenden Veränderungen im wirtschaftlichen und politischen nationalen und internationalen Umfeld. Auswirkungen sind bereits heute erkennbar – in der
Zukunft könnten sie zur existenziellen Bedrohung für die gesamt Branche werden. Die Effekte dieser Problematik für die gesamtwirtschaftliche und politische Situation des Landes sind bislang zudem weitgehend unterbewertet.»

• Vertreter oder Mitglieder der Treuhändervereiniguzng müssen in allen wesentlichen nationalen und internationalen fachbezogenen Institutionen, Arbeitskreisen, Delegationen mit Stimme und Sitz vertreten sein.»

• «Es müssen den Kunden Möglichkeiten geboten werden, ihre Anlagen ins eigene Land zurückzuführen, aber auch eine attraktive, steuerlich legale inländische Lösung zu finden.»

• «Vor dem allfälligen Abschluss des Betrugsabkommens (mit der EU, Anm. d. Red.) werden Doppelbesteuerungsabkommen (...) verhandelt.»

• Liechtensteinische Produkte (Finanzprodukte, wie etwa Stiftungen, Anm. d. Red.) werden international steuerlich und zivilrechtlich anerkannt und nicht diskriminiert. Weder Kunden noch Treuhänder werden kriminalisiert.»

• «Regierung, Amtsstellen, FMA (Finanzmarktaufsicht, Anm. d. Red.) und AHV müssen auf eine wirtschaftsliberale Auslegung der Gesetze verpflichtet werden.»

• «Die Behörden, FMA und Gerichte verstehen sich auch als Teile des Finanzplatzes und sind in diesem Sinne ‹Dienstleister›. Die Bedeutung der Treuhänder für das Gemeinwohl im Land ist in der Gesetzesanwendung spürbar.»

• «Es wird die Prüfung und Einführung spezieller Fachgerichte angelegt.»

• Die FMA wird neu strukturiert. Der Aufsichtsrat der FMA wird personell neu besetzt. Bei der Anstellung von Mitarbeitern wird der Fokus auf praxisorientierte Mitarbeiter gelegt. » (wfr)


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