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notoperation

harscher wind aus der europäischen union: deutschland hat im konflikt ums betrugsabkommen zahlreiche eu-länder auf seine seite gezogen. aus wirtschaft regional vom 20. dezember 2008

betrugsabkommen


Schatzsucher wittern Morgenluft

Der vor gut einer Woche von der EU-Kommission veröffentlichte Entwurf für ein Betrugsabkommen mit Liechtenstein ist in der Europäischen Union nicht mehrheitsfähig. Nicht nur Deutschland drängt Vaduz zu weiteren Zugeständnissen.

Von Wolfgang Frey

Vaduz. – Die Europäische Union erhöht den Druck auf Liechtenstein. Die Mehrheit der EU-Länder verlangt von Vaduz die Kooperation in Verdachtsfällen von Steuerhinterziehung und damit eine faktische weitere Aushöhlung des Bankgeheimnisses. Das erfuhr «Wirtschaft regional» aus Berliner Regierungskreisen. Nach diesen Informationen lehnt nicht nur Deutschland den Vetragsentwurf in der vorliegenden Form ab. «Wir sind nicht allein», heisst es in Berlin, «die grosse Mehrheit» der EU-Staaten sehe das genauso.

Feilschen ums Bankgeheimnis
Der am vorvergangenen Donnerstag von der EU-Kommission veröffentlichte Entwurf des Abkommens hatte in der Öffentlichkeit den Eindruck erweckt, er sei aus EU-Sicht nun unterschriftsreif. Die Liechtensteiner Regierung hatte in einer Erklärung davon gesprochen, die EU-Kommission habe den Entwurf «angenommen».

Bei dem veröffentlichten Entwurf handelt es sich jedoch um den Verhandlungsstand von Ende Juni. Und das letzte Wort haben die EU-Finanzminister. Deutschlands Finanzminister Peer Steinbrück hatte erst vor wenigen Wochen erklärt, dieser Verhandlungsstand gehe ihm nicht weit genug und Liechtenstein mit Sanktionen gedroht. Unbekannt war bislang, dass nicht nur Deutschland, sondern die Mehrheit der EU-Staaten eine weitergehende Kooperation Liechtensteins fordert.

In deutschen Regierungskreisen heisst es, man bestehe auf einer Regelung anlog zu Artikel 26 des OECD-Musterabkommens zur Vermeidung von Doppelbesteuerung. Dort wird ausgeschlossen, dass ein Land Auskünfte unter Verweis auf sein Bankgeheimnis verweigern darf. Dieser Passus findet sich zwar in Artikel 11 im Entwurf des Betrugsabkommens, er wird allerdings durch den vorherigen Artikel 10 neutralisiert. Dort ist festgelegt, dass das Abkommen die Befugnisse Liechtensteiner Behörden nicht ausweiten darf.

Im Klartext: Informationen, die ein Amt im Inland etwa wegen des Bank- oder Treuhändergeheimnisses nicht erheben kann, kann es auch im Fall der erbetenen Amtshilfe nicht erheben.

Kampf um Deutungshoheit
Angesichts der widersprüchlichen Vorschriften ist nun ein Kampf um die Deutungshoheit des Abkommens respektive den Vorrang des einen oder anderen Artikels entbrannt: Die EU-Kommission findet, Artikel 11 habe Vorrang, Liechtenstein meint, es sei Artikel 10, und Deutschland ist diese Auslegungsfrage offenbar so wenig geheuer, dass es dem Ganzen in dieser Form gar nicht zustimmen will.

Ein Verbündeter Liechtensteins ist nach wie vor Österreich. Finanzminister Wilhelm Molterer hatte im November erklärt, sein Land könne dem Abkommen im Gegensatz zu Deutschland so zustimmen. «Wir haben unsere Meinung nicht geändert», hiess es gestern in Wien.Auch Österreich
selbst könnte dem deutschen Begehren nicht zustimmen: «Das Bankgeheimnis steht bei uns in der
Verfassung», sagte ein Regierungssprecher zu «Wirtschaft regional».

Der Liechtensteiner Regierungschef Otmar Hasler lehnte einen Kommentar ab. «Die Regierung kommentiert in der Regel während Verhandlungen nicht den aktuellen Stand (...) eines Abkommens», hiess es nur.


Eine Frage der Auslegung

Abkommen mit Widersprüchen: Artikel 10 des Betrugsabkommens mit der EU schützt das Bankgeheimnis, Artikel 11 hebelt es aus. Welcher Artikel Vorrang hat, ist umstritten.

• Artikel 10, Zuständigkeiten: «Die Behörden der Vertragsparteien wenden die Bestimmungen dieses Titels im Rahmen der ihnen auf der Grundlage ihres innerstaatlichen Rechts übertragenen Zuständigkeiten an. Dieser Titel darf nicht so ausgelegt werden, dass er die Zuständigkeiten, die den Behörden der Vertragsparteien im Sinne dieses Titels auf der Grundlage ihres innerstaatlichen
Rechts übertragen sind, ändert.»

• Artikel 11, Grenzen der Auskunftsübermittlung, Absatz 2: «Eine Vertragspartei darf ein Amtshilfeersuchen um Auskünfte nicht allein aus dem Grund ablehnen, dass sich die betreffenden Informationen im Besitz einer Bank, eines anderen Finanzinstituts, eines Nominee oder einer Person, die als Agent oder Treuhänder auftritt, befinden oder dass sie sich auf Besitzrechte von
Personen beziehen oder dass sie ihren zuständigen Verwaltungsbehörden bereits vorliegen.» (wfr)

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