associated press +++ bbc +++ ddp nachrichtenagentur +++ der spiegel +++ neue zürcher zeitung +++ mate
frankfurter rundschau +++ offenbach-post +++ wirtschaft regional +++ hanauer anzeiger +++
the new yorker +++ film & tv kameranmann +++ blickpunkt +++ fpc-magazin +++ medium-magazin
journalist +++ nachrichten parität +++ up! szeneguide +++ ffh +++ bgb infom@il +++
linie
linie
leseprobegeldwaesche

vom gesunden menschenverstand. für wirtschaft regional, 2007

das hirn einschalten geldwäsche

10. Februar 2007

«Das Hirn einschalten»

Der Kampf gegen Geldwäsche ist ohne Datenbanken mit riskanten Gestalten und Überwachungs-Software für Transaktionen undenkbar. Die Vorstellung einer vollautomatischen EDV-gestützten Verbrechensbekämpfung ist aber eine Illusion.

Von Wolfgang Frey

Vaduz. – «Ich hab' am Anfang gedacht, ich bin ein guter Akquisiteur, weil die Leute mit grossen Millionenbeträgen zu mir kamen», sagt ein Liechtensteiner Banker. Er lacht. «Aber mir war dann schnell klar: Die kommen zu unserem kleinen Institut, weil sie fälschlicherweise glauben, wir nähmen es nicht so genau mit den Sorgfaltspflichten.»

Wenn ein Kunde mit einem unverhältnismässig hohen Betrag zu einer relativ kleinen Bank kommt, die mit solchen Summen eigentlich kaum zu tun hat, oder wenn auf einmal ein Koffer voller Bargeld auf dem Schreibtisch des Kundenberaters liegt, ist der Fall oft ziemlich offensichtlich: «Da gehen schnell die roten Lichter an und man lehnt dann lieber einen Kunden mehr als nötig ab», sagt der Banker. Ein Skandal um schwarzes Geld schadet nicht nur dem Renommee der Bank, auch die Strafen sind happig.

«Ungeheuerliche Summen»
Doch nicht immer sind die verdächtigen Kunden so offensichtlich verdächtig und erkennbar. Datenbanken und schwarze Listen zählen heute Hunderttausende von Unternehmen und Personen, die bereits wegen Geldwäsche, Korruption oder Terrorismus ins Gerede gekommen sind, die als Politiker und Wirtschaftsführer als besonders korruptionsanfällig gelten und solche, die diesen Personen nahe stehen.

Wer mit solchen Leuten Geschäfte macht, muss als Banker, Treuhänder oder Versicherungsmakler besonders wachsam sein. Er muss sie aber erstmal als solche erkennen: Ohne Datenbanken mit zwielichtigen Gestalten und Software zur Überwachung der Transaktionen geht das bei vielen Instituten heute kaum noch. Im per Gesetz verordneten Kampf gegen Geldwäsche und Terrorfinanzierung haben Finanzdienstleister in den letzten Jahren viel Geld in die elektronische Aufrüstung gesteckt.

«Da sind ungeheuerliche Summen investiert worden», sagt Geldwäsche-Experte Michael Alkalay, Studienleiter für die Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität an der Hochschule für Wirtschaft in Luzern. «Doch mit der Technik allein hat man wenig gewonnen: Es kommt auf die Leute an, die diese Software bedienen, und die müssen ihre Intelligenz anstrengen.»

Zum Beispiel beim EDV-gestützten sogenannten Name Checking. Dabei wird der neue Kunde mit Listen verdächtiger Namen abgeglichen. Kommerzielle Datenbanken wie «World Check» oder «Factiva» durchforsten dazu rund um die Uhr Tausende meist öffentlich zugängliche Quellen, um Personen aufzuspüren, die im Sinne der Sorgfaltspflichten ein erhöhtes Risiko darstellen.

Daneben greifen die verschiedenen Programme in den Banken auch auf offizielle schwarze Listen zurück, wie sie von den Vereinten Nationen, den USA («Bush-Liste») oder der Europäischen Union geführt werden.

Hilfsmittel reichen nicht aus
«Doch was machen Sie, wenn Ihr Kunde Ali Hassan heisst, einen afghanischen Pass hat und auch genauso alt ist wie der Taliban-Führer, den Ihnen Ihre Software dazu ausspuckt?», fragt Alkalay. «Sie können doch nicht jeden zum Teufel jagen, der zufällig auch so heisst.»

Mark van Thiel, Vizechef des «Institute for Compliance and Quality Management» an der Hochschule Liechtenstein, sieht das genauso: «Solche elektronischen Hilfsmittel sind sehr wertvoll, aber man kann sich nicht blind auf sie verlassen.»

Die Abklärung der Treffer auf Plausibilität müsse letztlich der Compliance Officer leisten, der für das Risikomanagement der Bank zuständig ist, sagt auch Stephan Ochsner, Chef der Liechtensteinischen Finanzmarktaufsicht: «Wenn das System ein Ergebnis ausspuckt, das keinen Sinn macht, muss man das auf Plausibilität überprüfen». IT-Lösungen seien nur ein Hilfsmittel: «Entscheidend ist, dass der Sorgfaltspflichtige sein Hirn einschaltet.»

Zusammen mit einem kompetenten Menschen an der Software, der auch etwas kriminalistischen Spürsinn haben müsse, lasse sich mit diesen Datenbanksystemen aber schon «verdammt viel machen», sagt Alkalay: «Damit kann man sich vor viel Schaden und Elend bewahren.»

Im Gegensatz dazu seien die elektronischen Transaktionsüberwachungssysteme, das zweite grosse Standbein der IT-Dienstleister im Anti-Geldwäsche-Kampf, wesentlich weniger wirkungsvoll. Diese sind oft regelbasiert. Alarmiert wird der Compliance Officer in der Bank von ihnen etwa dann, wenn ungewöhnliche Summen an ungewöhnliche Adressaten gehen.

Eine Frage der Regeln
«Das System zeigt dann zum Beispiel alle Transaktionen an, welche in vorher definierte Länder, z. B. Russland, gehen oder einen bestimmten Betrag, z. B. 100 000 Franken, übersteigen», erläutert van Thiel. Dafür müsse allerdings der Mensch «den Input liefern», das Programm also mit den Regeln füttern, nach denen es im Alarmfall reagieren soll. Geldwäscher, die sich auskennen, können diese Regeln wiederum umgehen, weil sie oft richtig vermuten, wonach die Programme suchen. «Vollautomatisch geht das also genauso wenig, wie beim Name-Checking», sagt van Thiel. «Am Ende muss ein Compliance Officer aus Fleisch und Blut die Ergebnisse der Software bewerten.»

Die Entscheidung, was in einem echten Verdachtsfall zu tun ist, welche Abklärungen noch vorzunehmen sind – das kann ihm ohnehin keine Maschine auf der Welt abnehmen. Ein Vaduzer Banker formuliert es so: «Software bietet gewaltige Möglichkeiten, aber am Ende handelt es sich dabei eben doch nur um passive Intelligenz.»


zurück zum
überblick
<<<