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eine begegnung mit matthias van rhijn. aus dem st. galler kirchenboten 5/2008

kirchenbote st. gallen schweiz

foto: wolfgang frey Photo: Wolfgang Frey



Auf dem Weg zum eigenen Weg

Die Zeitungsannonce hat gehalten, was sie versprochen hat. Matthias van Rhijn hat Antworten auf seine Fragen gefunden. Auf die nach der Zukunft und auf die nach dem Sinn. Im Jugendvolontariat.

«Ich wusste nicht recht, was ich machen sollte.» Die Lehre zum Kaufmann bei der Gemeindeverwaltung hatte Matthias van Rhijn fertig, «aber ich fand, das ist nicht wirklich meins». Das war voriges Jahr. «Dann hat meine Mutter die Annonce fürs Jugendvolontariat gesehen, und ich dachte, das ist genau, was ich will, denn da stand, dass ist für Leute, die auf dem Weg sind, herauszufinden, was sie machen wollen.»

Seit August 2007 ist Matthias van Rhijn Jugendvolontär bei der Evangelisch-reformierten Kirche des Kantons St.Gallen. Der 21-Jährige hat einen Schreibtisch in der «Perle», dem Haus der Kirche in der St.Galler City, arbeitet dort und vor Ort für Projekte der Arbeitsgebiete Junge Erwachsene, Diakonie und Jugend, und hat herausgefunden, was er machen will: «Etwas, was Sinn macht; das wusste ich wohl schon vorher, aber ich wusste nicht, was Sinn macht.»

Nahe bei den Menschen

Matthias van Rhijn erledigt als Volontär auch viel «administrativen Kram». Er schreibt Mails, geht zu Sitzungen, verfasst Protokolle, macht Umfragen, verschickt Programme für Anlässe und steht auch mal am Kopierer. «Aber das Spezielle ist: Man kann unterwegs sein, bei Projekten dabei sein», sagt Matthias van Rhijn. «Das ist sehr wertvoll, man sieht, was der Sinn von dem ist, was man macht.»

Matthias van Rhijn kocht einmal in der Woche beim CABI, dem Mittagstisch im Linsenbühl. Dort kommen vor allem Asylbewerber oder Menschen ohne Aufenthalterlaubnis. «Ganz normale Menschen, die ihre Sorgen und Wünsche haben», sagt Matthias van Rhijn. «Zum Teil haben sie eine gute Ausbildung und geben sich wirklich Mühe. Was ich dort erlebe, widerspricht dem allgemeinen Bild von Asylanten und Ausländern ziemlich krass.» Das Bild kennt er selbst gut: «Klar bin ich mit Vorurteilen gekommen.» Wie zum B-Treff in Flawil, für Menschen ohne Arbeit und mit wenig Geld: «Auch dort habe ich erlebt: Das sind interessante Leute mit ihrer eigenen Geschichte. Man kommt mit ihnen dort ganz anders in Kontakt als auf der Gemeinde im Sozialamt.»

So einen Perspektivwechsel hat Matthias van Rhijn auch im St.Galler Jugendtreff Sofa erlebt. «Ich hab’ in der Schule selbst schwierige Erlebnisse mit anderen Jugendlichen gehabt», sagt er. «Vielleicht bin ich gerade deshalb gerne dort. Das ist ein wichtiger Punkt für mich, dass ich mich jetzt dafür interessiere.» Auch für Streit, Mobbing und das Sich-gegenseitig-Fertigmachen. Es ist ein «schwieriges Alter», sagt Matthias van Rhijn. Ein Alter, in dem man sich mit sich selbst viel auseinandersetzt und sehr verletzlich ist. «Da ist es oft schwierig zu erkennen, dass man selber wertvoll und liebenswert ist – und dass es auch der andere oder die andere ist.» Einmal die Woche schaut Matthias van Rhijn dort, dass es den Jugendlichen «gut geht» und sie es «gut miteinander haben».

Sinn muss seine nächste Arbeit machen, sagt er noch. Die wird in einer sozialen Einrichtung sein. Daneben wird er Soziale Arbeit studieren. «Ich mag nicht mehr in der Verwaltung arbeiten. Ich weiss jetzt, ich möchte was tun, was näher am Menschen ist.» Wolfgang Frey, St.Gallen


«Ich habe mich nie rechtfertigen müssen»

Glaubst Du eigentlich an Gott?
Ich glaube an einen Sinn, an einen tiefen, spirituellen Kern vom Leben. Ich könnte jetzt nicht unbedingt sagen, ich glaube an Gott, aber ich habe schon meinen Glauben.

Worin besteht Dein Glaube?
Das kann man mit Worten nur sehr schwer ausdrücken. Das ist keine Kopfsache, es ist eher ein Gefühl. Wenn ich es in Worte fassen sollte, würde ich sagen, wichtig sind Liebe und Ehrlichkeit. Man ist irgendwie immer auf dem Weg, lernt dazu, macht neue Erfahrungen.

Hast Du im Jugendvolontariat solche Erfahrungen gemacht?
Ich habe gelernt, dass es in der Kirche einen ganzen Haufen Leute gibt, die an ganz verschiedene Sachen glauben. Aber auch, dass Kirche etwas sehr Wichtiges ist für die Menschen.

Etwas Wichtiges für die Menschen? Was meinst Du genau damit?
Die Gemeinschaft in der Kirche. Und der Ausdruck von Glauben. Ich meine, dass der Glaube dort eine Form findet. Dass er ein Zuhause hat.

Hast Du mit Deinem Glauben dort auch ein Zuhause gefunden?
Ja. Ich habe mich nie rechtfertigen müssen. Es war schon eine Frage am Anfang, warum ich das Volontariat bei der Kirche machen will und wie ich zur Kirche stehe.

Was hast Du geantwortet?
Ich habe gesagt, dass ich finde, dass das, was Jesus vorgelebt hat, heute noch genauso aktuell ist, wie es damals zu seiner Zeit war. Jesus war schon ein guter Typ. Das meine ich ganz ernst.

Was ist für Dich das Wichtigste bei Jesus?
Seine Nähe zu den Menschen. Jesus hat sie einfach so angenommen und willkommen geheissen, wie sie eben waren. Er hat sie wertgeschätzt, einfach, weil sie Menschen waren und sie allein deshalb einen Wert haben. Er hat nicht die Fehler von anderen religiösen Führern oder Propheten gemacht, die Menschen schon auch schnell mal verurteilt haben. Was Jesus gemacht hat, war etwas völlig Neues. Er hat einfach gesagt: Gott liebt alle Menschen. Denn alle Menschen sind Kinder Gottes.

Interview: Wolfgang Frey, St.Gallen

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