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leseprobepolitik

gefängnis statt beute. beim prozess gegen den coca cola-erpresser am frankfurter landgericht. für ddp, 2001

xvm038 vm 4 DDP 0558 über ddp vom 14.02.01 15:18:00
Prozesse/Erpressung/Urteil/ZF1/

(Zusammenfassung - Neu: Weitere Details)
Coca-Cola-Erpresser zu mehrjähriger Gefängnisstrafe verurteilt
Richter: "Ein besonders feiges, hinterhältiges Delikt"

--Von Wolfgang Frey--
(Mit Bildern)

Frankfurt am Main (ddp). Der Coca-Cola-Erpresser Philipp M. muss hinter Gittern. Das Frankfurter Landgericht verurteilte den 27-Jährigen am Mittwoch zu einer Haftstrafe von fünf Jahren und neun Monaten. Der Staatsanwalt hatte sieben Jahre Haft gefordert, der Verteidiger auf viereinhalb Jahre plädiert. Beide kündigten an, dass sie auf eine Revision verzichten wollten.

Der Student aus Bad Homburg (Hochtaunuskreis) hatte zugegeben, im vergangenen Jahr 16 Millionen Mark von der Firma Coca-Cola gefordert zu haben. Sonst werde er Getränke der Firma vergiften, drohte er in zwei Erpresserbriefen. Unterzeichnet hatte er sie mit "Die glorreichen Sieben".

Um klar zu machen, dass er nicht spaße, deponierte er im Januar und im Mai insgesamt zehn, teils mit Insektenvernichtungsmitteln präparierte Coca-Cola-Light-Flaschen in zwei Supermärkten. Das erste Mal teilte Philipp M. Coca-Cola Adresse und Telefonnummer des Geschäfts mit. Das zweite Mal nicht. Er schrieb lediglich von einem Supermarkt in der Darmstädter Innenstadt.

Eine Stunde, nachdem er die Flaschen dort in einen Getränkekasten deponiert hatte, kam eine Kundin mit einer der Flaschen an die Kasse. Ihr behindertes Kind hatte Durst. Es war ein heißer Tag, Cola nach Aussage der Mutter das Lieblingsgetränk ihrer Tochter. Die Kassiererin beruhigte die Frau wegen des von Philipp M. aufgemalten roten Kreuzes. "Das ist sicher ein neues Coca-Cola-Produkt", zitierte der Vorsitzende Richter Joachim Müller die Kassiererin nach der Aussage der Mutter.

Der Richter warf Philipp M. vor, die Vergiftung Unschuldiger in Kauf genommen zu haben. Der Verurteilte habe den Brief mit dem vagen Hinweis auf den Supermarkt erst am selben Tag abgeschickt. Zu Schaden kam damals niemand.

Die Suche nach den vergifteten Flaschen habe Philipp M. zu einem "zynischen Ratespiel" werden lassen, sagte Müller. Dies wirke sich strafverschärfend aus. Ob ein Kind die vergiftete Cola wegen des üblen Geschmacks, wie von der Verteidigung behauptet, postwendend ausgespuckt hätte, müsse "mit Fug und Recht bezweifelt werden". Müller nannte die Erpressung ein "besonders feiges, hinterhältiges Delikt". Der Täter habe aus dem sicheren Hintergrund agiert.

Vor der Erpressung war Philipp M. zweimal im Studium gescheitert. Das Scheitern, die folgende tiefe Lebenskrise und die Tatsache, dass sich Philipp M. nie wirklich von seinen Eltern und deren "rigiden und subtilen" Anforderungen gelöst habe, mildere die Strafe, sagte Müller in der Urteilsbegründung. Den Eltern warf er vor, durch ihren Erziehungsstil ebenfalls Schuld auf sich geladen zu haben. Er fügte aber hinzu: "Dennoch gibt es Leute, die nach anderen Alternativen suchen."

Philipp M. habe bei guter Führung eine Chance auf den offenen Vollzug, sagte der Vorsitzende Richter. Es sei ebenfalls möglich, dass der Angeklagte nach drei Jahren auf Bewährung entlassen werde. "Die Botschaft muss ganz klar sein", sagte Müller am Ende seiner Urteilsbegründung. "Produkterpressung lohnt sich nicht."



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