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"das ist ja traurig heute." für ap beim kurdischen neujahrsfest. badische neueste nachrichten, mittelbayerische zeitung, offenbach post, 2004

kurdisches neujahrsfest


Samstag, 22. März 2003, 18:01 Uhr

Ernste Minen zum kurdischen Neujahrsfest
Zehntausende fordern in Frankfurt ein Ende des Krieges und ein freies Kurdistan

von AP-Mitarbeiter Wolfgang Frey

Frankfurt/Main (AP) Feier-Atmosphäre herrscht nur auf den ersten Blick. Trotz Musik, strahlendem Sonnenschein, zahlreichen Menschen und einem eigentlich freudigem Anlass: dem kurdischen Neujahrsfest. Doch die Gesichter zehntausender Kurden in der Frankfurter Innenstadt sind ernst am Samstag, dem dritten Tag der amerikanisch-britischen Angriffe auf den Irak und angesichts der aktuellen Meldungen über den Einmarsch türkischer Truppen in den von Kurden bewohnten Norden des Landes.

«Das ist ja keine Feier», sagt Nazim Taycimen, eine gelbe Flagge mit dem Konterfei des Kurdenführers Abdullah Öcalans in der Hand, «das ist ja traurig heute». Knapp 10.000 Kurden versammeln sich am Mittag vor der Alten Oper und an der Bockenheimer Warte um in zwei Demonstrationszügen zur zentralen Kundgebung vor den Toren der Stadt zu ziehen. Zahlreiche Busse mit Menschen aus dem europäischen Ausland waren zu diesem Zeitpunkt noch unterwegs, stecken fest in den zahlreichen Kontrollen an den Einfallstraßen. Ihr Ziel war die Stadtautobahn A648 nahe der Frankfurter Messe. Die Polizei, mit mehreren tausend Beamten aus verschiedenen Bundesländern im Einsatz, hat sie am Morgen zum Busparkplatz umfunktioniert. Nicht weit davon, am Rebstockgelände, beginnt am Nachmittag die große Naurus oder NewrozFeier. Die Veranstalter sprechen von mehr als 50.000 Menschen, die Polizei zählt die Hälfte.

Viele sind schon in der Nacht aufgebrochen. Sie haben Stunden in Autos und Bussen verbracht, aber heute ist der wichtigste Tag im Jahr, das Neujahrsfest, traditionell zugleich immer auch ein Tag der Forderung nach einem freies Kurdistan. «Das ist heute unser Fest, das NewrozFest, und es ist der ÖcalanTag», sagt der 13 Jahre alte Eser Sunda, der mit seinen beiden Geschwistern und seiner Mutter Sabiye aus dem nahe gelegenen Hanau gekommen ist. «Wir kommen eigentlich aus Ost-Anatolien», sagt seine Mutter, die fast täglich mit Verwandten aus der Heimat telefoniert. «Sie haben Angst vor den Raketen, trauen sich nicht aus dem Haus», erzählt sie, «wir wollen einfach, dass der Krieg aufhört».

Ein bisschen Volksfest-Atmosphäre kommt am Nachmittag zwischen zahlreichen Buden mit traditionellem Essen, TShirts, Bücher und Musikkassetten doch noch auf, aber viele Minen bleiben bedrückt. Musikgruppen beschallen den Platz, «Stopp den Krieg» und «Nein zum Völkermord» steht auf den Plakaten und Transparenten, am Rand spielen Kinder. Vor der Bühne skandieren die Menschen Newroz ist Freiheit, Newroz ist Widerstand und Krieg braucht Blut, Frieden braucht Mut.

Nazim Taycimen aus Friedberg würde sofort in seine Heimat zurückkehren, wenn es ein freies Kurdistan gebe, sagt er. «Aber das gibt es nicht und der Krieg», fügt er hinzu, «löst keine Probleme». «Im Gegenteil», sagt sein Vater Kamer Taycimen, «die USA bringen der ganzen Welt nur Hass, es geht denen nur um Macht, sie zertreten Menschen wie Kröten, das geht doch nicht». 30 Millionen Landsleute seien ohne Heimat, sagt er, aber jeder Mensch brauche doch ein Zuhause.

Am Ende gibt es ein Kompliment der Polizei. «Wir können uns bei den Demonstranten nur bedanken», sagt Polizeisprecher Jürgen Linker. Bei den Straßenkontrollen seien ein paar PKK-Fahnen sichergestellt, eine Anzahl mit Haftbefehl Gesuchter festgenommen worden. Mit der «sehr sehr friedlichen Demonstration» habe das aber nichts zu tun, sagt er bevor die Menschen wieder in ihre Busse steigen, die Autobahn 648 wieder zur Fahrbahn wird, und Meldungen vom Krieg erneut für ernste Gesichter an diesem Festtag sorgen.

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