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leseprobepolitik

"eine ganz neue Friedensbewegung": viele junge leute, die an der US-Airbase gegen den Irak-Krieg protestieren. die polizei trägt sie am ende alle weg

Samstag 29. März 2003, 17:32 Uhr

«Der Frieden ist doch nicht von einem Schlafsack abhängig»

Von AP-Mitarbeiter Wolfgang Frey

Frankfurt/Main (AP) Lydia Hans lässt sich nicht beirren. «Der Frieden ist doch nicht von einem Schlafsack abhängig», sagt sie. Sie habe Klamotten genug dabei und schlafe eben auf dem Boden. Statt des Schlafsacks hält sie am Samstag wie zahlreiche der 2.000 Antikriegs-Demonstranten im Wald am Bahnhof Zeppelinheim einen postkartengroßen gelben Sicherstellungsbescheid in der Hand. Die geplante 24-Stunden-Blockade der US-Airbase am Frankfurter Flughafen ist nicht erlaubt, also konfiszieren die Beamten alles, was das Sitzenbleiben erträglicher macht, auch die Strohballenspende eines Öko-Bauern.

Junge Leute sind es vor allem, die sich im Zeppelinheimer Wald versammeln. «Das ist eine ganz neue Friedensbewegung, die jetzt entsteht», sagt Ulrich Wohland, 46 Jahre alt und demoerprobt. Der 15jährige Groß-Umstädter Schüler Adrian Oeser war nach eigenen Worten total kaputt und sauer, als er im Fernsehen die ersten Bilder vom Krieg sah: «Wir müssen unsere Meinung zeigen. Wenn sich die ganze Welt gegen die US-Politik erhebt, wird auch Präsident Bush umdenken müssen», glaubt er.

«Das ist natürlich auch alles sehr symbolisch», sagt Lydia Hans zwischen «Stop the War»-Plakaten und «Kein Krieg für Öl»-Transparenten. Aber es sei wichtig, ein Zeichen zu setzten. Die letzten Zeichen werden in Form von Protestplakaten noch spontan gemalt, ein Polizist nimmt einen improvisierten Aufkleber mit der Aufschrift «Habt Euch lieb» entgegen, klebt ihn auf sein Uniformhemd und sagt: «Das ist okay, aber sonst muss ich heute neutral bleiben.»

Hunderte seiner Polizisten-Kollegen und einige Fernsehkameras bilden am Nachmittag das einzige Publikum für den Demonstrationszug zur US-Luftwaffenbasis und die friedliche Sitzblockade vor dem Haupttor. Bis 15.00 Uhr ist die Blockade erlaubt, allerdings nicht direkt vor dem Tor, 70 Meter Abstand hat das Ordnungsamt verordnet, die Polizei begnügt sich aber zunächst mit Zuschauen. Zwei Wasserwerfer stehen bereit, die Beamten stehen Schulter an Schulter vor dem Gitter zur Airbase-Zufahrt. Nach zwei Stunden tragen die Beamten die ersten Demonstranten weg.

Derweil dringen per Handy Nachrichten vom Süden des Flughafens zu den restlichen Blockierern durch. Rund 50 Aktivisten setzen sich dort auf die Fahrbahn, um die wie sie vermuten Ausweichzufahrt der Amerikaner zur Airbase zu blockieren. 100 Polizisten stehen am Ende um sie herum, kesseln sie ein, tragen sie weg. «Meine Freundin war dabei und ist jetzt völlig fertig», sagt der 22-jährige Berliner Jonas Grätz. Die Polizei sei zwar nicht gewalttätig, aber so was nehme einen schon mit.

«Im Grunde war die Blockade ja ein Erfolg», sagt der 22 Jahre alte Ferdinand Dürr aus Leipzig. Aber wenn man sehe, wie die Leute weggetragen und zum Teil auch einfach menschenunwürdig behandelt würden, bleibe doch ein Gefühl der Wut. Rund 100 Demonstranten nimmt die Polizei im Lauf der Aktion vorläufig fest, mehrere hundert nimmt sie in so genannten Verbringungsgewahrsam. Trotzdem: Aufgeben wollen Ferdinand Dürr und viele andere nicht so schnell: «Wir kämpfen weiter für ein Ende des Krieges und eine gerechtere Welt», sagt der 22-Jährige.

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