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graue liste, was nun? spurensuche bei der oecd und den g20. wirtschaft regional vom 4. märz 2009

schwarze liste der g20


Eingegraut statt angeschwärzt

Die OECD hat zum Abschluss des Weltfinanzgipfels drei neue Listen zum Thema Steueroasen veröffentlicht. Die seit 2000 existierende schwarze Steu-eroasenliste, auf der Liechtenstein nach wie vor steht, könnte damit bald Geschichte sein.

Von Wolfgang Frey

Vaduz/Berlin. – Bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) spricht man in letzter Zeit nicht mehr so gern von «Listen». Zu viel ist in den vergangenen Wochen im Vorfeld des Gipfeltreffens der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G 20) am Donnerstag in London über angebliche oder tatsächliche Listen spekuliert worden und die Frage, wie sehr sich die OECD als multilaterale Organisation ohne Rücksprache mit all ihren Mitgliedern politisch äussern darf und überhaupt sollte.

Vor allem der Schweiz als Mitglied war die Rolle der OECD als (schwarze) Vorschlaglistenverfasserin bei den Vorbereitungen des G-20-Gipfels sauer aufgestossen. Dennoch, die OECD ist faktisch die globale Sachwalterin der schwarzen Listen unkooperativer Steueroasen.

Drei neue Farben
Nun hat sie drei neue vorgelegt, eine weisse der kooperativen Staaten in Steuerfragen, eine graue der Staaten, die sich zur Kooperation auf Basis der OECD-Standards bekannt haben, diese aber noch nicht zur vollen Zufriedenheit der Organisation umgesetzt haben – wie unter anderem Liechtenstein und die Schweiz -, und eine schwarze, auf der die schwarzen Schafe der unkooperativen Staaten aufgeführt sind.

Neben den drei neuen Listen – die OECD spricht lieber von einem «Fortschrittsbericht» über die Umsetzung ihrer Standards – existiert seit dem Jahr 2000 nach wie vor eine alte schwarze Liste unkooperativer Steueroasen. Darauf: Liechtenstein, Andorra und Monaco.

Alle drei, so vermerkt die OECD inzwischen auch auf ihrer Webseite, hätten sich allerdings kürzlich zur raschen Implementierung der OECD-Standards bekannt. «Diese Entwicklungen werden nun in dem am 2. April veröffentlichten Fortschrittsbericht reflektiert», heisst es dazu in der Erläuterung.

Ende alter Liste wahrscheinlich
Matthias Rumpf, Sprecher des OECD- Centers in Berlin, konnte gestern noch keine belastbare Auskunft zum weiteren Prozedere und dem Schicksal der alten Liste geben: «Über die Liste unkooperativer Staaten ist noch nicht entscheiden worden», sagte er zu «Wirtschaft regional». Allerdings schätzt er die Chancen relativ hoch ein, dass die alte schwarze Liste durch die drei neuen ersetzt wird, womit Liechtenstein auf keiner schwarzen Liste mehr auftauchen würde: «Innerhalb der Logik der aktuellen Entwicklung wäre es folgerichtig, dass der neue Bericht die alte Liste ersetzt.»

Die neue schwarze Liste umfasst Costa Rica, Uruguay, die Philippinen und Malaysia. 40 Staaten und Gebieten wird von der OECD eine weisse Weste bescheinigt, darunter Deutschland, den USA, Russland und China, aber auch oft als Steueroasen angeprangerte Gebiete wie die Isle of Man, Guernsey oder die Jungferninseln. Auf der grauen Liste finden sich neben Liechtenstein die Schicksalsgenossen der alten schwarzen Liste, Andorra und Monaco.

 

Listen, Druck und Unklarheit

Mit harschen Worten haben die 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G 20) im Vorfeld ihres Gipfels unkooperativen Steueroasen mit Sanktionen gedroht. Auf ein konkretes Sanktionsregime haben sie sich in London noch nicht geeinigt.

Von Wolfgang Frey

London/Berlin. – Aus den lautstarken Drohungen wurde im Communiqué zum Gipfel-Ende am Donnerstagabend diese zwei schlichten Sätze: «Wir stimmen insbesondere darin überein, Massnahmen gegen unkooperative Staaten und Gebiete zu ergreifen, einschliesslich Steueroasen. Wir sind bereit, Sanktionen zu ergreifen, um unsere öffentlichen Finanzen und unsere Finanzsysteme zu schützen.»

Keine gemeinsame Strategie
Die G-20-Staaten haben sich damit noch nicht auf ein einheitliches Vorgehen gegen Steueroasen geeinigt. Da die G 20 keine Organisation, sondern lediglich ein informeller Zusammenschluss von Staaten ist, haben die Beschlüsse des Gremiums ohnehin keine Rechtskraft. Auf eine gemeinsame Marschrichtung hätten sich die 20 Staaten nichtsdestotrotz einigen können.

So bleibt nach dem Gipfeltreffen unklar, welche Sanktionen gegen die Staaten auf der neuen schwarzen Liste der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ergriffen werden sollen und zu welchem Zeitpunkt über das Schicksal der Staaten auf der grauen entschieden wird.

Die OECD werde die Listen voraussichtlich bis Ende Jahr erneut überprüfen, hiess es gestern aus Finanzkreisen. Dabei würde geprüft, wie die Staaten bei der Umsetzung der OECD-Standards vorankommen. Eine weisse Weste und damit Zutritt zur weissen Liste hätte nach OECD-Lesart jeder Staat, der mindestens zwölf Abkommen über den Informationsaustausch in Steuerfragen nach den Standards der Organisation abschliesst.

Wahrscheinlich findet die Überprüfung bereits bis November statt. Dann wollen die G 20 in Schottland erneut zusammenkommen. Es wird erwartet, dass sie sich bis dahin auch auf eine gemeinsame Linie in der Sanktionsfrage einigen.

Unterdessen bekräftigten Repräsentanten verschiedener Staaten erneut ihren Willen, den Druck auf Steueroasen aufrechtzuerhalten. Einige Länder wie die Vereinigten Staaten und Deutschland planen bekanntlich bereits nationale Gesetze, mit denen Geschäfts- und Finanzbeziehungen zu Steueroasen erschwert oder faktisch unterbunden werden sollen.

Der Staatssekretär des britischen Finanzministeriums in London, Stephen Timms, sagte, er erwarte Sanktionen gegen Länder, die die OECD-Standards nicht umsetzen. «Wir sind schon seit Langem der Meinung, dass diese Gebiete die Standards anerkennen müssen», unterstrich Timms gestern.

Steinbrück «ermutigt»
In Deutschland fühlte sich nach dem Gipfel insbesondere die SPD «ermutigt», den Druck auf Steueroasen und Steuersünder zu erhöhen. Die Verpflichtung der G 20, gegen Steueroasen vorzugehen, werde als «grosser Erfolg» gewertet, hiess es im Haus von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück, der bereits einen nationalen Gesetzentwurf in der Schublade hat, der vom Koalitionspartner Union allerdings blockiert wird.

Der Unions-Vizefraktionschef im Deutschen Bundestag, Michael Meister, begrüsste gestern die Beschlüsse der G 20 und warf Steinbrück zugleich vor, mit seinem Gesetzentwurf «den ehrlichen Steuerzahler in Geiselhaft zu nehmen und mit Auflagen, Bürokratie und Drangsalierungen» zu bedrängen. Die Union wolle diesen Weg nicht gehen, den von den G 20 vertretenen Weg aber gleichwohl fortsetzen. Konkreter äusserte sich Meister aber nicht.

Dafür mahnte Steinbrück die Schweiz, der ihr Platz auf der grauen Liste auch gestern noch sehr bitter aufstiess, zur Eile: Sollten die angekündigten Massnahmen erst in vier oder fünf Jahren greifen, reiche das nicht aus. Mit Ungeduld erwarte er das Angebot der Schweizer Seite, sagte er mit Blick auf das neu auszuhandelnde Doppelbesteuerungsabkommen (DBA). Der Schweizer Finanzminister Hans-Rudolf Merz sagte im Radio DRS, dass eine Neuverhandlung der DBA bis zum G-20-Gipfel im Herbst nicht möglich sei.

Schweiz hofft auf Verständnis
Merz glaubt, dass die G-20-Staaten Verständnis für die Trägheit der Schweizer Demokratie haben. Zeit braucht die Schweiz vor allem deshalb, weil die SVP die neuen DBA mit dem Referendum bekämpfen will. Im Raum steht zudem die eidgenössische Volksinitiative der Lega, die das Bankgeheimnis in der Verfassung verankern will.

Der G-20-Gipfelgastgeber, der britische Premier Gordown Brown, stellte unterdessen klar: «Das Bankgeheimnis muss ein Ende haben.»



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