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der "kampf gegen den terror" erreicht den bankschalter. für wirtschaft regional im januar 2007

streichholz und benzinkanister

27. Januar 2007

Streichholz und Benzinkanister

US-Präsident George W. Bush hat ihn nach den Anschlägen vom 11. September ausgerufen: den «Kampf gegen den Terror». Längst hat er auch Banker und Treuhänder erreicht. Sie sollen Terroristengelder aufspuüren. Ein schwieriges Unterfangen.

Von Wolfgang Frey

Vaduz. – Die Idee ist einleuchtend: Terroristen brauchen Geld. Für Waffen, für Flugstunden, wenn ein Flugzeuganschlag geplant ist, für die Ausbildung des Nachwuchses oder das Mieten von Wohnungen, die dann als konspirative Treffpunkte benutzt werden. Wer auf die Spur des Geldes kommt, so die Überlegung, komme damit am Ende auch den Terroristen selbst auf die Spur.

Und weil die Spur des Geldes durch Geldhäuser führt, wird Bankern,Treuhändern und anderen, die mit Kundengeldern zu tun haben, von Gesetzes wegen höchste Wachsamkeit verordnet.

«Standards längst umgesetzt»

Liechtenstein hat dazu schon 2003 ein Paket an gesetzlichen Massnahmen beschlossen. Brüssel zieht nun nach, mit der dritten Anti-Geldwäsche-Richtlinie, die bis Ende Jahr auch im Fürstentum umgesetzt werden soll. Darin ist seitens der EU erstmals auch die Rede von der Verhinderung der Terrorfinanzierung.

Der Chef der Liechtensteiner Finanzmarktaufsicht FMA, Stephan Ochsner, rechnet nicht damit, dass die Umsetzung der Richtlinie noch viel Handlungsbedarf erfordert: «Die internationalen Standards haben wir längst umgesetzt.» Im Strafgesetzbuch etwa und auch im Sorgfaltspflichtsgesetz.

Grosser Schaden für wenig Geld

Stephan Ochsner kennt dennoch keinen Fall, bei dem ein Terrorist dadurch aufgeflogen wäre. «Das Problem ist, dass Terroristen mit sehr kleinen Beträgen sehr grossen Schaden anrichten können», sagt Ochsner. Oft reichen schon Streichholz und Benzinkanister für einen Anschlag. Selbst die Anschläge auf das World Trade Center hätten Studien zufolge nur einige 1000 US-Dollar gekostet. «Eine objektive Analyse über jeden Betrag dieser Grössenordnung zu machen, das schafft man nicht.»

Michael Lauber, der Geschäftsführer des Liechtensteiner Bankenverbandes, erklärt das Grundproblem so: «Bei Geldwäsche geht es um die Frage: Woher kommt das Geld? Bei der Terrorismusfinanzierung lautet die grosse Quizfrage dagegen: Wohin geht das Geld?»

Letztlich, so Lauber, sei Terrorismusfinanzierung «umgekehrte Geldwäsche». Nicht illegales Geld werde in sauberes verwandelt, sondern legales für illegale Zwecke verwandt. Für Banker und Treuhänder heisst das: Sie müssen nicht nur die Geldeingänge prüfen, sondern vor allem die Abgänge von den Konten.

Gute Stiftung, böse Stiftung
Genau dort wird es schwierig. «Stellen Sie sich vor, Ihr Kunde überweist regelmässig Geld an eine Stiftung in Somalia, die angeblich nur Waisenkindern helfen will, und das klingt für den Banker auch plausibel, weil beispielweise seine eigenen Eltern dort emigriert sind, er noch eine gewisse Verbundenheit mit dem Land spürt und Kenntnisse der lokalen Gegebenheiten hat», sagt Lauber. «In Wahrheit kauft die Stiftung von dem Geld nun aber auch Gewehre für eine Terrorgruppe. Doch wie merkt der Banker das?»

Schwarze Listen
Einen Anhaltspunkt bieten Datenbanken und schwarze Listen mit verdächtigen Staaten, Personen und Unternehmen, die etwa von der UNO, den USA und der EU geführt werden. Komplett werden sie aber nie sein. Terrorgruppen funktionieren wie andere Verbrechergruppen ja gerade deshalb, weil sie im Geheimen agieren.

«Aktiv wird der Banker sicher dann, wenn die Stiftung auffliegt, indem etwa der Missbrauch der Gelder in der Zeitung steht», sagt Lauber. «Dann wird man hellhörig und klärt Sachen ab. Dann erscheint vielleicht auch die Herkunft des Kunden auf einmal in einem anderen Licht.» Eventuell, sagt Lauber, komme heraus, dass die Überweisungen im zeitlichen Zusammenhang mit Aktivitäten der von der Stiftung offenbar unterstützten Terrorgruppe stehen: «Dann gehen die roten Lichter an.»

Abklärung mit der FIU

In einem solchen Fall, sagt Lauber, sei ein Evaluationsgespräch mit der Financial Intelligence Unit (FIU) möglich: «Darin kann, im Spannungsfeld zwischen Bank- und Amtsgeheimnis, allenfalls geklärt werden, ob der Fall sich so erhärtet, dass man einschreiten muss.» Denn anders als der Banker oder der Treuhänder selbst hat die FIU Zugriff auch auf polizeiliche Erkenntnisse. Klassischerweise, sagt Lauber, ist Terrorbekämpfung eine Geheimdienstaufgabe. Die kann den Finanzmarktteilnehmern letztlich nur auf dem Papier übertragen werden. Ein altes Prinzip

Am Ende, sagt Ochsner, läuft denn auch im Kampf gegen die Terrorfinanzierung in der Praxis vieles wieder auf ein einfaches, längst praktiziertes Prinzip hinaus: «Know your customer», zu Deutsch: «Kenne deinen Kunden». Das sei nach wie vor «die grosse Säule im Kampf gegen die Terrorfinanzierung». Und nicht unwesentlich sei dabei auch das Vertrauen auf «das Bauchgefühl».

Viel mehr bleibt den Finanzmarktteilnehmern in dem ihnen aufgebürdeten Kampf gegen den Terror auch gar nicht. Allen gesetzlichen Anstrengungen zum Trotz sind sie Banker und Treuhänder, aber keine Polizisten.

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