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die bekämpfung der geldwäsche ist ein gutes geschäft. für Wirtschaft regional im februar 2007

das geschäft mit der angst geldwäsche

3. Februar 2007

Das Geschäft mit der Angst

Rund um die Anti-Geldwäsche-Gesetzgebung hat sich innert weniger Jahre eine ganze Industrie entwickelt. Geldwäsche-Experten sprechen von einem «Riesen-Business». Ein Ende ist nicht abzusehen, im Gegenteil.

Von Wolfgang Frey

Vaduz. – Die Angst vorm nächsten Finanzskandal ist zum Motor einer neuen Branche geworden. «Dritte EU-Geldwäscherichtlinie: Banken und Versicherungen setzen ihre Reputation aufs Spiel», warnte die deutsche Innovations Softwaretechnologie GmbH aus Immenstadt am Bodensee kürzlich in einer Medienmitteilung.

Obwohl die Richtlinie bis Ende Jahr umgesetzt werden soll, seien «viele Finanzdienstleister nur unzureichend» darauf vorbereitet, so das Unternehmen. Gemeint sind vor allem deutsche Institute, denn Deutschland ist in der Umsetzung in einigen Bereichen noch nicht so weit wie etwa Liechtenstein.

Firmen wie die Innovations Softwaretechnologie bieten Lösungen an, mit denen Finanzdienstleister riskante Kunden identitifizieren und deren Kontobewegungen überwachen können. Daneben gibt es Unternehmen, die das vorgeschriebene Risikomanagement eines Finanzdienstleisters, die sogenannte Compliance, auch ganz übernehmen.

Der Druck auf die Finanzbranche ist gross: Wer sich nachweislich nicht an die Sorgfaltspflichten hält, muss mit Strafen rechnen. Und nicht zuletzt mit einem kaum zu beziffernden Reputationsschaden.

«Ein Produkt der strengen Regeln»

Ergo spezialisieren sich auch Juristen, Wirtschaftsprüfer und Unternehmensberater auf das Thema. Ein weiteres Feld ist der Ausbildungsmarkt: In Vaduz bietet das «Institute for Compliance and Quality Management» an der Hochschule Liechtenstein Fortbildungen im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung an.

«Wir sind ein Produkt dieser strengeren Regeln», sagt Marc van Thiel, Vizegeschäftsführer des Instituts. Die Kurse des Instituts zur Abwehr von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung seien «gut nachgefragt». Insbesondere die Basis-Schulungen für neue Mitarbeiter bei Banken und Treuhändern liefen «sehr, sehr gut».

Immer neue Vorschriften, wie aktuell die Umsetzung der neuen EU-Geldwäscherichtlinie, kurbeln den Markt weiter an: Mitarbeiter müssen neu darauf geschult, Software muss auf den neuesten Stand gebracht werden. Entsprechend reissen die verkaufsfördernden Horrormeldungen aus Teilen der Industrie auch nicht ab.

Die US-Wirtschaftsprüfungfirma PriceWaterhouseCoopers veröffentlichte jüngst eine Studie zum Thema Wirtschaftskriminalität und titelte: «Zwei von drei Finanzdienstleistern in Deutschland waren innerhalb von zwei Jahren Opfer wirtschaftskrimineller Handlungen.» Durchschnittlicher Schaden: 2 Mio. Euro.

«Panikmache»
Marc van Thiel ist nicht wohl bei diesen Sprüchen. «Von Panikmache halte ich gar nichts», sagt er. «Ich bin dagegen, die Angst zu schüren.» Statt- dessen komme es eher darauf an, sinnvolle Lösungen für das jeweilige Risikoprofil eines Finanzdienstleisters zu finden: «Aber viele im Markt wollen halt einfach ihre Produkte verkaufen.»

Vielleicht liegt das aggressive Marketing auch in der Natur des gegenwärtigen Marktes: «2001 herrschte im Markt gerade bei den Software-Firmen noch eine Goldgräberstimmung, aber das hat sich inzwischen ein wenig abgekühlt.» Dennoch, sagt van Thiel, im Hauptberuf Chef der Zürcher Beratungsfirma TvT Compliance AG, «ist es insgesamt ein ordentlicher Markt, weil die Vorschriften überall zunehmen.»

Eine «reife Industrie»
Der Geldwäsche-Experte Michael Alkalay formuliert es so: «Es ist ein Riesenbusiness geworden», sagt der Studienleiter zur Bekämfung der Wirtschaftskriminalität an der Hochschule für Wirtschaft in Luzern. Getrieben von Affären um Gelder von Diktatoren wie Sani Abacha aus Nigeria, Ferdinand Edralin Marcos von den Philippinen oder Augusto José Ramón Pinochet Ugarte aus Chile habe sich eine «reife Industrie» entwickelt.

«Diese Affären und die Terroranschläge seit dem 11. September haben nicht nur einen faktischen Druck erzeugt, auch der Gesetzgeber hat entsprechend reagiert», sagt Alkalay. «Inzwischen lastet ein enormer Regulierungsdruck auf dem Finanzmarkt, und das kostet extrem viel Geld.»

Bei der LGT Bank in Liechtenstein will Compliance-Chef Ivo Klein den Aufwand für sein Institut in Vaduz nicht beziffern, spricht aber allein, was die Software angeht, von einem «erheblichen Aufwand.» Insgesamt drei Systeme wurden dort seit 2001 angeschafft und implementiert, um Namen zu checken, Transaktionen zu überwachen und den Zahlungsverkehr zu kontrollieren.

«Millionenbeträge»
Alkalay schätzt, dass ein weltweit agierendes mittelgrosses Finanzinstitut nur für die EDV Millionenbeträge investieren muss. Der Anschluss an eine der kommerziellen Datenbanken mit Namen von risikoreichen Personen und Unternehmen schlage für ein solches Institut im Jahr allein mit gut 100 000 US-Dollar zu Buche.

Dazu komme noch die Compliance-Abteilung, die die von der Software gemeldeten Verdachtsfälle überprüfen und bewerten muss: «Da kommt man insgesamt schon auf ordentliche Beträge, da wurden in den letzten Jahren Millionensummen investiert.»

«Wachsender Markt»

Exakt zu beziffern ist das Volumen dieses Marktes kaum. Ebensowenig wie die Effizienz. Es existieren keine Statistiken darüber, wie viele Fälle von Geldwäsche verhindert wurden, seit die Gesetze um die Jahrtausendwende auch unter dem Eindruck von Terroranschlägen verschärft wurden.

Alkalay geht jedoch davon aus, dass der Markt der Finanzüberwachung in den kommenden Jahren noch grösser wird: «Das wird noch anwachsen. Irgendwann wird sicher auch der Insiderhandel in den Katalog der Geldwäsche-Vortaten aufgenommen, das wird noch extrem viel Geld kosten.» Marc van Thiel sieht das ähnlich: «Auf den Finanzmarkt werden sicher auch in Zukunft immer mehr Gesetze zukommen.»

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