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leseprobepolitik

das neue verständnis von der sozialpflichtigkeit des eigentums: stellenabbau trotz milliardengewinnen bei der allianz. für associated press am 22. juni 2006

"Das ist doch eine Schande
bei den Gewinnen"
Frankfurts Allianz- und Dresdner Bank-Mitarbeiter zwischen Wut und Resignation - "Die Angst um den Job ist allgegenwärtig"

Wolfgang Frey

Frankfurt/Main (AP) Am Finanzplatz Frankfurt geht die Angst um: Der von Allianz und Dresdner Bank verkündete Abbau von insgesamt 7.500 Stellen trifft neben Köln vor allem die hessische Metropole. Dort waren bereits in der Vergangenheit Tausende Jobs bei Banken verloren gegangen waren.

Viele Mitarbeiter haben die Hiobsbotschaft morgens im Radio gehört und sind empört. "Das ist schon eine Frechheit, dass wir das nicht zuerst von unseren Chefs hören", schimpft ein IT-Spezialist der Allianz-Tochter Dresdner Bank. "Aber seit bei uns die Allianz am Ruder ist, gehört das zur Geschäftspolitik."

Der Allianz-Konzern will bis Ende 2008 bei den Versicherungen bundesweit 5.000 Stellen streichen. Bei der Dresdner Bank ist der Abbau von etwa 2.500 Jobs geplant, davon rund 500 bei in- und ausländischen Töchtern. Die Gewerkschaft ver.di droht bereits mit einem Arbeitskampf, wenn die Allianz nicht über Beschäftigungs- und Standortgarantien verhandelt.

Die Mitarbeiter der Frankfurter Niederlassung der Allianz Lebensversicherung kannten derartige Hiobsbotschaften bislang nicht: Bei ihnen gab es kaum Stellenabbau. Nun soll der Standort Ende 2008 komplett dicht gemacht werden. Dagegen ist die Ankündigung für die Beschäftigten in der Frankfurter Dresdner Bank-Zentrale nach dem Abbau tausender Stellen in der Vergangenheit nichts wirklich Neues.

"Die Angst ist bei uns eigentlich seit Jahren allgegenwärtig", sagt ein Sachbearbeiter der Dresdner Bank auf dem Weg in die Kantine in der Frankfurter Zentrale. "Die Bank war ja mal ein Drittel größer", erklärt der 38-Jährige und meint dann resigniert: "Man lebt mit der Unsicherheit und hat sich fast schon dran gewöhnt."

Gestrichen werden sollen dieses Mal Stellen in der Geschäftsabwicklung, der Kreditbearbeitung und in der Steuerung. Daneben werden die Bereiche Privat- und Firmenkunden, Investmentbanking und Konzernkunden sowie Dienstleistungen und Abwicklung neu gebündelt. Für 2008 rechnet die Bank dadurch mit Synergiegewinnen von 600 Millionen Euro.

Die Belegschaft zeigt sich von diesen Effizienzsteigerungsplänen wenig begeistert: "Die Leute werden stattdessen langsam müde und sauer", sagt eine 48-Jährige. "Und wer von uns heute sagt, er habe keine Angst um seinen Arbeitsplatz, der lügt." Ein Mitarbeiter aus der Personalabteilung schimpft: "Das ist doch eine Schande bei den Gewinnen!"

Egal, ob man gut oder schlecht arbeitet

Bei der Allianz Lebensversicherung ist die Stimmung ebenfalls gereizt: "Das ist eine Schweinerei", sagt eine 25 Jahre alte Versicherungstechnikerin. Sie hat Angst um ihre Zukunft: "Ich glaube nicht, dass ich bei der Allianz einen anderen Job bekomme, und ich mache mir bei der Lage der Branche im Moment auch keine Hoffnungen, woanders Arbeit zu finden."

Deutschlandweit wurden am Donnerstagvormittag die Mitarbeiter der Versicherung über die Stellenabbaupläne informiert. Die Allianz will die bislang eigenständigen Sparten Sach-, Lebens- und Krankenversicherung zusammenführen und die getrennten Vertriebswege bündeln, um verlorene Kunden und Marktanteile zurückzugewinnen. Statt 21 soll es künftig nur noch zehn Verwaltungsstandorte geben. Geschätztes Einsparpotenzial ab 2009: rund 500 Millionen Euro jährlich.

In Frankfurt reichen die Kommentare der Mitarbeiter dazu von "ohne Worte" bis "bodenlose Frechheit". "Das ist doch Kapitalismus in Reinkultur, was die Allianz hier mit uns macht", schimpft ein 37 Jahre alter Mitarbeiter.

Noch weiß keiner, wen der Stellenabbau treffen wird. Eine 42 Jahre Mitarbeiterin, die seit Jahren Versicherungskunden berät und jetzt um ihren Job fürchtet, meint frustriert: "Ob man gut oder schlecht arbeitet, ist offenbar vollkommen egal. Ich bin einfach sehr enttäuscht."


 

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